Nachhaltig und regional: Hessische Exoten

Süßkartoffeln aus der Wetterau, Ingwer aus Marburg, Quinoa aus dem Odenwald. Dank experimentierfreudiger Landwirte bereichern exotische Sonderkulturen unser regionales Lebensmittelangebot – damit es in Hessen gute und nachhaltige Alternativen zu Importware aus fernen Ländern gibt.

Rosbach v. d. Höhe, 18. Oktober 2022 – Was wächst auf Hessens Feldern? Die meisten denken jetzt vermutlich zu Recht an Getreide, Raps, Kartoffeln und heimische Obst- und Gemüsearten. Innovativen und risikobereiten Landwirten ist es gelungen, hier außerdem einige exotische Sonderkulturen zu etablieren, die unser regionales Lebensmittelangebot enorm bereichern.

Hessischer Speisemohn

Der auffallend blühende Schlafmohn ist nicht nur eine hübsche Augenweide, sondern auch eine wertvolle Rohstoffquelle. Der Landwirt im Nebenerwerb Alexander Jung aus Pohlheim investiert viel Zeit in den Mohnanbau, der hierzulande bisher nur eine untergeordnete Rolle spielt. Wichtige Erzeugerländer sind die Türkei, Tschechien und Ungarn. Auch in Österreich hat der Anbau von Speisemohn eine lange Tradition. In Deutschland war er zwei Jahrzehnte lang verboten. Der Grund: Schlafmohn ist eine morphinhaltige Pflanze, aus der Opium gewonnen wird. Mittlerweile sind hier jedoch drei morphinfreie Schlafmohnsorten zugelassen, die unbedenklich als Lebensmittel geeignet sind. In der Trocknung, Reinigung und Aufbereitung der geernteten Mohnsamen steckt die meiste Arbeit. Dafür hat Alexander Jung – der im Hauptberuf Maschinenbautechniker ist – eine spezielle Reinigungsanlage entwickelt.

Tee vom hessischen Acker

Auf knapp 20 Hektar baut Hof BodenGut in Gernsheim Heil- und Gewürz- pflanzen an, deren Blätter, Blüten und Samen nach der Ernte zu aromatischen Kräutertees verarbeitet werden. Pfefferminze ist dabei die wichtigste Kultur, gefolgt von Melisse, Kamille und Fenchel. Die einzelnen Pflanzen stellen unterschiedliche Anforderungen an ihren Standort. Unkraut wird auf allen Kräuterfeldern mechanisch und händisch entfernt – Herbizide kommen nicht zum Einsatz. Wenn aus den Heil- und Gewürzpflanzen nach der Ernte Kräutertees entstehen sollen, muss sehr sauber und sorgfältig gearbeitet werden. Landwirt Jirko Stiller hat den Prozess auf Hof BodenGut über mehrere Jahre entwickelt und immer wieder optimiert. Seine Tees mit dem Qualitäts- und Herkunftszeichen
„Geprüfte Qualität Hessen“ gibt es unter der Marke „Pflückwerk“ in vielen Märkten der REWE-Region Mitte.

Marburger Ingwer

In Deutschland gibt es die exotische Knolle fast ausschließlich als Importware aus
den Subtropen Südostasiens und Südamerikas. Aber auch in Marburg gedeiht Ingwer bestens. Auf dem Hofgut Dagobertshausen wächst das Trendprodukt im geschützten Tunnelanbau. Hier sorgt Landwirt Helfried Eden für die optimalen Anbaubedingungen der wärmeliebenden Ingwerpflanze. Durch Verschattungsmöglichkeiten ist im Sommer sichergestellt, dass im Tunnelinnern das Thermometer nicht über 30 Grad klettert und für die richtige Luftfeuchtigkeit sorgt eine Sprühbefeuchtung. Mitte bis Ende Oktober ist Zeit für die Ingwerernte. Das Hofgut Dagobertshausen verkauft einen Teil der Ernte an den regionalen Einzelhandel. Außerdem wird der Marburger Ingwer für den Hofladen und die angeschlossene Gastronomie zu Ingwertee und kandiertem Ingwer veredelt. Weil der Ingweranbau den Qualitätskriterien des Siegels „Geprüfte Qualität Hessen“ entspricht und sich das Hofgut freiwillig den entsprechenden Kontrollen unterzieht, trägt der Marburger Ingwer das offizielle Qualitäts- und Herkunftszeichen des Landes Hessen.

Wetterauer Süßkartoffeln

Der landwirtschaftliche Betrieb Bernhard ist vor allem auf Kartoffelanbau spezialisiert. Als vor etwa fünf Jahren die Süßkartoffeln in den Medien als neues Trendgemüse gefeiert wurden, wollte der Agrarwissenschaftler Timm Bernhard auch diese Knolle auf dem Wetterauer Hof anbauen – damit es eine regionale Alternative zu importierten Süßkartoffeln aus USA, China, Mittel- und Südamerika gibt. Technisch hat der Anbau beider Knollen aber nur sehr wenig miteinander zu tun. Für die Adaption der Maschinen und Geräte an die spezifischen Eigenschaften der Süßkartoffel war technische Raffinesse gefragt. Die Pflanzmaschine musste komplett umgebaut werden. Auch die Kartoffelroder sind nicht für Süßkartoffeln geeignet. Die dünne Schale würde schnell Schaden nehmen, außerdem brechen die langen Knollen leicht. Deshalb werden die Wetterauer Süßkartoffeln, die für das Siegel „Geprüfte Qualität Hessen“ zertifiziert sind, von Hand geerntet.

Quinoa aus Hessen

Das Pseudogetreide, das ursprünglich aus den Anden stammt, findet auch bei uns immer mehr Liebhaber. Es enthält viel gesundes Eiweiß, ist nahezu glutenfrei, lässt sich schnell zubereiten und bereichert den Speiseplan mit einem leicht nussigen Geschmack. Die im Handel erhältliche Quinoa stammt meist aus dem süd- und mittelamerikanischen Raum und hat sehr lange Transportwege hinter sich. Sie gedeiht aber auch ganz in unserer Nähe. Landwirt Mario Schuchmann hat das Superfood 2016 für sich entdeckt und kam schnell auf die Idee, es auf seinem Betrieb im Odenwald anzubauen – damit es eine nachhaltige regionale Alternative gibt. Dafür hat er sich von der heimischen Variante der Quinoa-Pflanze, der Melde, abgeschaut, wann und unter welchen Bedingungen sie am besten wächst. Der konventionell wirtschaftende Betrieb verzichtet auf chemische Pflanzenschutzmittel und setzt auf mechanische Unkrautbekämpfung. Agrarwissenschaftler Johannes Grenzebach hat seine Quinoa-Felder in der Wetterau. Unter der Marke „Mudda Natur“ vermarktet er Vollkorn-Quinoa sowie in verarbeiteter Form als Vollkornmehl, Nudeln und Pops. Auch diese Produkte tragen das offizielle Qualitäts- und Herkunftszeichen des Landes Hessen.

Hessische Linsen

Linsen, die wir in Deutschland kaufen, werden überwiegend aus fernen Ländern importiert. Das größte Hauptanbauland ist Kanada, gefolgt von Indien und der Türkei. Dabei passt die Pflanze klimatisch und vom Bodenanspruch gut in viele heimische Regionen. In Hessen ist die Linse eine absolute Sonderkultur. Ihr Anbau und vor allem die anschließende Verarbeitung sind sehr arbeitsintensiv. Moritz Schäfer vom Demeter Hof Schwalmtal hat sich ausgiebig mit der alten Kulturpflanze beschäftigt. Weil die Linsenpflanze sehr fragil und nicht standfest ist, kann sie nur mit einer sogenannten Stützfrucht angebaut werden. Moritz Schäfer nimmt für seine grünen Linsen Nackthafer und Leindotter und für die kleinen schwarzen Belugalinsen Nacktgerste. Nach der Ernte muss alles feinsäuberlich mit speziellen Geräten voneinander getrennt und lebensmitteltauglich aufbereitet werden – das ist die eigentliche Kunst im Linsenanbau.

Vogelsberger Trüffel

Trüffel stammen überwiegend aus Spanien, Italien oder Frankreich. Aber auch in Deutschland gibt es Plantagen mit Bäumen oder Sträuchern, deren Wurzeln vor der Pflanzung mit sogenanntem Trüffelmyzel beimpft wurden, damit später die kostbaren unterirdischen Pilze wachsen. Dietrich Hartmut Koch, Geschäftsführer der MONSAVIS GmbH – MONSAVIS Trüffel- und Naturinvest, hat 2020 eine davon im Vogelsberg angelegt und bietet Trüffelbaum-Patenschaften an: Wer will, nimmt den späteren Ertrag zur eigenen Verwendung ab oder wird anteilig am späteren Vermarktungserlös beteiligt. Bis die Trüffelsuche losgehen kann, ist aber noch jede Menge Geduld gefragt. Die geimpften Haselnusssträucher brauchen Zeit zum Wachsen. Koch erwartet seine erste Ernte in fünf bis sieben Jahren nach der Pflanzung – also frühestens 2025.

Die Recherchen und Interviews zu den Sonderkulturen in Hessen hat die MGH Gutes aus Hessen GmbH im Rahmen einer Reihe über hessische Exoten geführt, um Aufmerksamkeit für die Vielfalt landwirtschaftlicher Produkte aus heimischem Anbau zu schaffen.

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